ich kann/darf /will – muss ich alles selber erarbeiten?
Dass neues Wissen aus einem Geniestreich entsteht ist ein Überbleibsel aus der Romantik. Wissenszuwachs und Lernen ist ein sozialer Prozess, ein gesellschaftliches Produkt. Nichtsdestotrotz fußt unser Urheberrecht auf der romanischen Vorstellung und hemmt somit den Kreislauf der Information. Martin Lindner hat seinen persönlichen Umgang mit der Problematik gebloggt und er meint es reicht aus, wenn die Metainformation – die Beschreibung eines Materials mit der Anreicherung der eigenen Nutzungserfahrung frei zur Verfügung steht.
Und im Idealfall erzeuge ich danach ebenfalls so einen Blog-Baustein: Meine eigene Version, erklärt für Peers in ähnlicher Lage (Nach dem Motto: „Ich wünschte, jemand hätte mir das gesagt, als ich jung war.“) Und dazu die Links zum Original-Material (das immer noch geschützt und kostenpflichtig sein kann!) und eben auch zum Bloigpost, der mich angeregt hat. Jetzt ist der Baustein weiter angereichert, aber jede/r kann es bis zum Original zurückverfolgen. Namen oder Begriff in Google eingeben, oder gleich bei Amazon, und das Buch dahinter (das es dann in der Regel gibt) erscheint: 7 € gebraucht auf dem Amazon Marketplace.
Ist es ein Problem, dass diese ursprüngliche Wissens-Ressource nicht frei ist? Nein, eigentlich nicht. Wenn ich tatsächlich Wert darauf legen würde, ein eigenes Modell (etwa als gebloggte Grafik) in Umlauf zu setzen, würde ich eben meine eigene Version zeichnen und digitalisieren. Dass mich der Urheber dann abmahnt, ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen.
(siehe Martin Lindner https://plus.google.com/102484891814321353019/posts/EMsDywyPTSU , 9.4.2013)
Nun ich denke das ist zu kurz gegriffen.
1.) Ich find es ja durchaus nachvollziehbar, dass lizenzrechtlich geschützte Inhalte schlicht verwendet werden, weil es den Bedarf und den Nutzungsanlass gibt, (wer ist nicht schon mal trotz Wissen um die legistischen Vorgaben bei Rot über die Strasse gegangen) aber eine gesellschaftliche Weiterentwicklung ist wohl ohne entsprechende Auseinandersetzung mit dem anachronistischen Zustand des Urheberrechts kaum möglich. Denke es ist wichtig und sinnvoll sich da auch mit lizenzrechtlichen Alternativmodellen wie creative commons oder fair use Klauseln auseinanderzusetzen und auch mögliche praxisnahe Nutzungsmodelle für bestehende Materialien zu erarbeiten.
2.) Ich halte es durchaus für hilfreich und legitim auch Originalmaterialien im nicht-kommerziellen Bereich kostenfrei zur Verfügung zu haben. Mit Bearbeitungsrecht oder auch ohne. Eine Grafik, ein Arbeitsblatt kann ich ja ev. noch schnell mal neu basteln, aber wie siehts z.B. mit dokumentarischem Audio- oder Videomaterial aus? Die seitens coer zur Verfügung gestellten Videos sind ja für mich in der Lehre sehr brauchbar und es ist fein, dass hier gute Beispiele für die Erstellung von Videomaterial inkl. Nutzung von Fremdmaterial aus Open Content vorhanden sind (vgl. http://www.coer13.de/unit0.html ).
Es geht also nicht NUR um die Metabeschreibungen sondern auch um die freie Zugänglichkeit der Originalmaterialien. Es geht auch um die Kommerzialisierung von Lernprozessen und Lernumgebungen. Hier gelange ich auch zur Frage der Archivierung und der Distribution (siehe auch http://s-seitz.de/index.php/2012/12/offene-formate-fur-offene-lehr-und-lernmaterialien/). Was ist an Metadaten notwendig, um Materialien auffindbar zu machen. Reichen uns da die Suchroutinen und Systeme einer Google oder Youtube / Vimeo/…Sucheingabe? Sind proprietäre und kommerzialisierte Archive tatsächlich für die Aufbewahrung und Verteilung von OER ausreichend? Ist das eine nachhaltige Lösung ? Gilt es im Kontext von OER nicht auch über Open Archive nachzudenken?
PS: @martin – auch ich bin schon damit zufrieden, die Überlegungen für mich mal festgehalten zu haben – aber auch den Diskurs zu deinem Beitrag gelesen zu haben. Auch daraus hab ich gelernt. Ohne Institution – aber das ist noch lange nicht alles, was es an frei zugänglichem und nutzbarem Lernmaterial gibt…bzw. geben könnte.
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